Mittwoch, 1. August 2012

El Pre Escolar- Mi trabajo


Ich wage mich mal an einen Bericht, auch wenn ich noch nicht allzulange da bin um alles zu verstehen!

Meine Arbeit ist eine Mischung aus Vorschule und Kindergarten. Mit 102 Kindern aufgeteilt in 3 Nivels (Klassenstufen) wird mein Alltag versüßt: 




Im ersten Nivel sind die 3jährigen, 27 Stück. Im zweiten die 4jährigen, 33 Stück und im dritten die 5-6jährigen mit 42. In letzterem bin ich für die ersten 4 Monate eingeteilt, so wie es aussieht- ich bin aber  in meinen Entscheidungen in allem sehr frei und kann in alles mal reinschnuppern.  Es gibt 3 Lehrerinnen sowie 2 Köchinnen, 3 Klassenräume und einen Hof mit Schaukel und Rutsche und leider nur ganz wenigen Spielsachen. Dafür sind die Räume sehr liebevoll gestaltet, mit verschiedenen Ecken in den Plakate zu der Natur, den Tieren, wichtigen Lebenswerten und bezüglich dem Wert der  Familie hängen. 

Ecke der Natur- inklusive Bildern von vielen Tieren und deren Namen
Der Wert einer Familie und deren Aufgaben- Liebe, Zuwendung, Achtsamkeit..
Lebenswerte wie Ehrlichkeit, Respekt, Solidarität..
Und die Nicaraguanische Flagge darf natürlich auch nicht fehlen!

Die ersten zwei Nivels gleichen noch sehr einem Kindergarten, da die Klasse spielerisch an Zahlen und Vokale herangeführt wird.













Wandgemälde der Partnerstädte Masaya-Dietzenbach

Die Vorschule wurde mit Spendengeldern meines Vereines errichtet, der durch die Partnerstädte Dietzenbach und Masaya(meiner neuen Heimatstadt) entstanden ist. Nach und nach ist so zb. eine Toilette für die Kinder entstanden, damit diese nicht immer in den Spielhof machen! Dennoch habe ich heute gesehen, wie ein Kind einfach in die Ecke eines Klassenzimmers gepinkelt hat, anstatt auf die Toilette zu gehen.. ich war geschockt.




Der Spielhof mit Rutsche und Schaukel


Was wird erzielt? Am Ende der Vorschule sollen alle Vokale sowie die Zahlen von 1-10 erlernt sein, eine Allgemeinkunde von Früchten und Gemüse vorhanden sein sowie „valores para la vida“ also Werte für das Leben errungen sein. So viel zum theoretischen Plan..
Meine Aufgaben dabei sind momentan erst mal die Unterstützung der Lehrerin: ich male/schreibe die Blätter für circa 30 Kinder(Kopierer gibt es nicht- alles von Hand. Blatt für Blatt..). Außerdem gehe ich herum und kontrolliere, erkläre den Kindern die Aufgaben, stehe für Fragen zur Verfügung oder beaufsichtige die Horde auch mal alleine in der Klasse, während die Lehrerin für eine halbe Stunde unterwegs ist. Für eigenen Unterricht reicht mein Spanisch leider noch nicht aus, das ist aber auf jeden Fall mein Ziel für das Jahr!

Kinder des 3. Nivels sowie die Lehrerin Rosa
Es gibt ein schönes Morgenritual für das dritte Nivel, es wird zusammen gesungen und gebetet. Das vermittelt Gemeinschaft und bringt Ruhe in die aufgeweckten Kinder.








 



Heute hatte ich ein langes Gespräch mit der Lehrerin Rosa über die Zustände der Vorschule. Von 42 Schülern und Schülerinnen sind heute in meinem Nivel zum Beispiel nur 16 erschienen. Noch nichtmal die Hälfte! Der Grund war, dass es geregnet hat. Aber nicht so Monsunartig wie hier üblich, sondern recht wenig. Dennoch genug, dass die Familien die Kinder nicht zur Schule bringen- daher konnten wir den Plan für den Tag, den neuen Vokal „i“ vorzustellen, nicht in die Tat umsetzen und verblieben ohne große Fortschritte.

Ein weiteres großes Problem neben dem Erscheinen ist die Finanzierung der Bildung: Die Schule ist zwar öffentlich und damit theoretisch kostenlos; aber ein Heft, die Uniform und ein Bleistift will auch finanziert sein! Und da es täglich ein warmes Mittagessen gibt, zahlen die Familien pro Kind 10Cordoba im Monat: Das ist weniger als ein halber Dollar. Trotzdem für manche nicht finanzierbar! Deshalb absolvieren manche Kinder nur das erste Nivel und hören dann mit der Schule komplett auf, um im Haushalt zu helfen, oder sofern die Familie einen Straßenstand oder einen Kiosk hat beim verkaufen. Bezüglich der Uniform: Wie man auch auf den Bildern sehen kann, sie besteht aus einer weißen Bluse/Hemd und blauem Rock/Hose. Täglich schrubben die Familien die Kleidung wieder sauber, da alles voll Essensflecken oder Erde/Staub ist, damit die Kinder am nächsten Morgen gestriegelt in der Schule erscheinen können.

Ein weiterer Teufelskreislauf ist, dass die Kinder oft nicht zur Schule gehen wollen und sich nur darauf einlassen, wenn ihre Eltern ihnen Geld (2 Cordoba täglich meistens) für Süßigkeiten geben- ausgefuchste Erpressung. Denn direkt gegenüber der Vorschule ist ein Kiosk- ein Paradies für Kinder. Also geben die Eltern von dem wenigen Geld, dass sie haben etwas ab, damit ihre Kinder zur Schule gehen. Die Lehrerinnen hatten schon oft mit dem Besitzer des Kiosks gesprochen, damit dieser den Kindern nur Früchte verkauft, worauf er sich eigentlich auch eingelassen hat. Aber schließlich muss auch er seinen Lebensunterhalt verdienen und die Süßigkeiten zu verkaufen ist für ihn rentabler: daher also doch ungesundes Essen täglich!
[Das erklärt auch warum selbst schon manche Kinder von Karies zersetzte Zähne haben, die eben keine Milchzähne mehr sind, sondern bleibende! Allgemein haben viele Menschen hier fehlende Zähne(und dann Lücken und keinen Zahnersatz) oder halb schwarze Zähne..]

Schockiert hat mich auch ein Fall von 2 Schwestern: Beide sind taubstumm, sie sind 2 und 7 Jahre alt. Trotzdem gehen sie zu unserer Vorschule, da ihre Eltern das Geld für die teure Spezialschule für Taubstumme nicht hat.. sie können am Unterricht nicht aktiv teilnehmen, aber es ist besser als gar keine Schule zu besuchen: so können sie wenigstens die Vokale von ihrem Tischnachbarn abmalen und lernen so hoffentlich wenigstens die Schrift!

Die Einstellung vieler Familien allgemein im Hinblick auf Schule ist einfach unterschiedlich zu unserer deutschen. Die Kinder kommen mit zerfledderten Heften (wenn überhaupt- viele kommen ohne) und ohne Essen, Obst und Trinken. Mit diesen Voraussetzungen lässt es sich dann auch nicht so gut arbeiten. Die Lehrerin beklagt weiterhin, dass die Vorschule die einzige Erziehung für die Kinder ist: selbst kleinste, scheinbar natürliche Dinge müssen täglich erklärt werden: Müll in den Mülleimer und nicht auf den Boden zum Beispiel. Zuhause wird einfach weggesehen.

Die Vorschule liegt im ärmsten Teil der Stadt, im Stadtteil Monimbo. Damit ihr euch ein bisschen viele der Häuser hier vorstellen könnt, hier ein kleines Bild.. 










Auf der rechten Seite erkennt man ein grünes Haus- das ist die Vorschule
und zum Thema Müll in den Mülleimer: Hier der „Bach“ der hinter der Vorschule fließt inklusive vermülltem Flussbett. Mir ist auch aufgefallen, dass besonders in Monimbo viele Straßenhunde sind, die mit Schorfwunden übersät sind. Das liegt, wurde Laura erklärt, daran, dass sie sich nur von kontaminiertem Wasser ernähren. Ein trauriges Bild.. Diese laufen teilweise auch einfach in der Vorschule durch die Klassenzimmer und suchen nach Futter (sie sind aber zum Glück sehr scheu und gehen nicht direkt zu Menschen. Mein Glück, denn ich habe mich vergessen gegen Tollwut zu impfen ;) ).


Lasst es euch gut gehen und esst fleißig Schokolade für mich mit, die vermiss ich nämlich sehr.. ;)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen